Wir müssen ein Zeichen gegen Hass setzen!

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Bundespräsident startet Plattform für bedrohte Kommunalpolitiker

 Den Start­schuss ver­band die Kör­ber-Stif­tung als In­itia­to­rin des Pro­jek­tes mit er­schre­cken­den Er­geb­nis­sen ei­ner re­prä­sen­ta­ti­ven For­sa-Um­fra­ge un­ter 1641 Bür­ger­meis­te­rin­nen und Bür­ger­meis­tern. Da­nach tau­chen Be­lei­di­gun­gen, Be­dro­hun­gen und An­grif­fe ge­gen Amts­trä­ger zwar nicht un­ter den grö­ß­ten Her­aus­for­de­run­gen auf. Das sind bei je­weils ei­nem Fünf­tel die Ar­beits­be­las­tung und schwie­ri­ge Ver­ein­bar­keit von Job und Fa­mi­lie, die Un­zu­frie­den­heit der Bür­ger und die Be­las­tun­gen der Co­ro­na-Kri­se. Doch je­der 20. nennt die At­ta­cken ge­gen die ei­ge­ne Per­son als „grö­ß­te Her­aus­for­de­rung“, und 20 Pro­zent ha­ben schon ein­mal über­legt, sich des­we­gen aus der Kom­mu­nal­po­li­tik zu­rück­zu­zie­hen. Bei de­nen, die sol­che Ag­gres­si­on schon ein­mal per­sön­lich er­leb­ten, war es so­gar je­der Drit­te.

De­ren An­teil wird im­mer grö­ßer: 57 Pro­zent der Bür­ger­meis­ter ga­ben an, dass sie selbst oder ei­ne Per­son aus ih­rem pri­va­ten Um­feld schon ein­mal we­gen ih­res po­li­ti­schen En­ga­ge­ments „be­lei­digt, be­droht oder tät­lich an­ge­grif­fen“ wor­den sei­en. Da­bei gibt es je nach Re­gi­on und Grö­ße der Kom­mu­ne deut­li­che Un­ter­schie­de. In NRW ga­ben 67 Pro­zent der be­frag­ten Bür­ger­meis­ter an, schon ein­mal An­grif­fe oder An­fein­dun­gen er­lebt zu ha­ben, in Rhein­land-Pfalz, Hes­sen und im Saar­land wa­ren es 55 Pro­zent. In klei­ne­ren Ge­mein­den mit we­ni­ger als 5000 Ein­woh­nern wur­den 52 Pro­zent Op­fer sol­cher Ag­gres­si­on, in Ge­mein­den und Städ­ten mit 5000 bis 20 000 Ein­woh­nern wa­ren es 64 Pro­zent und in grö­ße­ren Städ­ten über 20 000 Ein­woh­ner so­gar 75 Pro­zent.

Kör­per­lich be­drängt wur­den nach der Be­fra­gung fünf Pro­zent, wei­te­re sie­ben Pro­zent hat­ten Sach­be­schä­di­gun­gen, wie An­grif­fe auf das ei­ge­ne Au­to oder Haus er­lit­ten. Ei­ni­ge Bür­ger­meis­ter be­rich­te­ten in den In­ter­views, dass sie be­spuckt oder ge­schla­gen wor­den sei­en. Auch nach den ver­mu­te­ten Mo­ti­ven forsch­ten die De­mo­sko­pen. Mit 25 Pro­zent la­gen Ego­is­mus und An­spruchs­den­ken der Tä­ter an ers­ter Stel­le. Je 15 Pro­zent er­klär­ten sich die At­ta­cken da­mit, dass die Tä­ter mit sich selbst un­zu­frie­den sei­en oder un­fä­hig, an­de­re Sicht­wei­sen zu ak­zep­tie­ren. Ei­ni­ge Bür­ger­meis­ter be­rich­te­ten, dass sie mehr die „Blitz­ab­lei­ter“ sei­en und sich der Un­mut ei­gent­lich auf die Bun­des- oder Lan­des­po­li­tik be­zo­gen ha­be.

„Hass ge­fähr­det die Grund­fes­te der De­mo­kra­tie“, sag­te der Bun­des­prä­si­dent als Schirm­herr der neu­en In­ter­net­platt­form. Die­se bie­tet zahl­rei­che kon­kre­te Ver­hal­tenstipps für ge­fähr­de­te Kom­mu­nal­po­li­ti­ker. Sie er­fah­ren, wann und wie sie „schwie­ri­ge“ Ge­sprä­che füh­ren, wie sie räum­li­che und per­so­nel­le Vor­keh­run­gen tref­fen und dass sie et­wa dar­auf ach­ten soll­ten, kei­ne Tref­fen mehr zu­zu­las­sen, wenn sie al­lei­ne in der Ge­mein­de­ver­wal­tung sei­en. Die Sei­te www.​stark-​im-​amt.​de wird künf­tig von den drei kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­den or­ga­ni­siert und auf dem ak­tu­el­len Stand ge­hal­ten. Ih­nen geht es zu­dem um ei­ne Ver­net­zung der Amts­trä­ger, um sie auch durch das Ge­fühl zu stär­ken, dass sie sich nicht al­lein ge­las­sen füh­len sol­len.

 Be­trof­fen zeig­te sich Stein­mei­er von ei­nem wei­te­ren Be­fund der Be­fra­gung. Da­nach er­kann­ten vier von fünf Bür­ger­meis­tern, dass die Ge­sell­schaft zu­neh­mend ver­ro­he, der Um­gang der Men­schen un­ter­ein­an­der im­mer rück­sichts­lo­ser wer­de. Für den Bun­des­prä­si­den­ten blieb es da­her Ge­bot der Stun­de, dass die Ge­sell­schaft ins­ge­samt ge­for­dert sei, auf die Ver­ro­hung zu re­agie­ren. „Wir müs­sen ver­lo­re­ne Zi­vi­li­tät zu­rück­er­obern“, mein­te Stein­mei­er. Die neue Platt­form sei ein An­fang.

SZ-Bericht vom 30.4.2021