Ehrenamt ist als Lückbüßer für den Staat unterwegs

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Immer häufiger muss das Ehrenamt als Ausfallbürge einspringen

Beim Ehrenamt fällt Kritik schwer. Niemand mag jene kritisieren, die ihre Zeit unentgeltlich in den Dienst der Gesellschaft stellen. Schon gar nicht wir von der LAG PRO EHRENAMT. Doch manches ehrenamtliche Projekt - ganz aktuell im Saarland - hilft dort, wo eigentlich der Staat zuständig ist.

In Deutschland erhält jedes fünfte Kind Sozialleistungen. Fast acht Millionen Menschen arbeiten für Niedriglöhne. Etwa 12 Millionen leben an oder unter der Armutsgrenze. So der Armutsbericht der Bundesregierung.

  1. Beispiel: Tafeln im Saarland 

    Mittlerweile sind bis zu 1,5 Millionen Menschen und hunderte davon im Saarland  regelmäßig auf die Hilfsleistung der sogenannten Tafeln angewiesen. Eine Art Armenspeisung: Lebensmittelspenden werden von Ehrenamtlichen gesammelt und an Bedürftige ausgegeben. Das Ehrenamt hilft dort, wo der Sozialstaat seiner Verantwortung nicht gerecht wird. So wird soziale Not hier und da gelindert – kostenlos. Zu niedrige Löhne, zu viele Teilzeitarbeitsplätze für Frauen, die ewige Diskussion um die Grundrente, zu hohe Mieten, zu hohe Lebenshaltungskosten, zu geringe Absicherung für schwangere Frauen – dies und andere sind Gründe warum Menschen zur Tafel gehen müssen.

50.000 ehrenamtlichen Helfern müssen dieses vom Staat nicht gelöste Problem lösen. Deutschlandweit gibt es mehr als 900 Tafeln mit über 3000 Ausgabestellen, Tendenz steigend. Und es sind schon längst nicht nur Obdachlose, die mit kostenlosen Lebensmitteln unterstützt werden, sondern auch Langzeitarbeitslose, Rentner, Familien mit kleinen Einkommen. Im Saarland gibt es elf Tafeln. Dort arbeiten rund 800 Mitarbeiter - 97 Prozent von ihnen ehrenamtlich. Diese Zahl liegt über dem Bundesschnitt von etwa 90 Prozent.  

Ehrenamt als finanzieller Vorteil für den Staat

Die Politik lobt die Leistungen der Bewegung. Und nicht wenige Politiker, ob auf Bundes- oder Länderebene, suchen die Nähe der Organisation. Auch bei uns im Saarland. Kritiker betrachten die meist positive Sicht der Politik auf die Tafeln mit Besorgnis. Sie finden es beschämend, dass in einem der reichsten Länder der Welt ein solch 'mittelalterliches' Almosensystem überhaupt notwendig ist. Es kann nicht sein, dass das Ehrenamt einspringt, wenn der Staat die Sozialleistungen den Anforderungen nicht anpasst. Der Erfolg der Tafeln - und anderer Hilfsorganisationen - droht am Ende sogar die Errungenschaften des Sozialstaats in Frage zu stellen. Denn das tausendfache Engagement Ehrenamtlicher hilft zwar den Betroffenen, entlastet aber auch Politiker von der drängenden Aufgabe grundsätzliche Lösungen für soziale Probleme zu finden.

  1. Beispiel: Bürgerbusse in saarl. Gemeinden.

In immer mehr Gemeinden werden sogenannte Bürgerbusse eingesetzt. Da der ÖPNV nicht bereit ist zu den Zeiten zu fahren, die für die Bürger sinnvoll sind. Das Land unterstützt mit Steuergeldern die Anschaffung der Busse. Gefahren werden sie ohne Entgelt von Ehrenamtlern. Auch hier erfüllt der Staat nicht seine öffentliche Daseinsfürsorge und bedient sich der „kostenlosen“ Variante Ehrenamt.  

Diese Entwicklung darf so nicht weiter gehen. Das Engagement engagierter Bürger und Bürgerinnen auszunutzen, um Anspruchsberechtigen keine staatlichen Sozialleitungen zu kommen zu lassen, hat nichts mit Ehrenamtsförderung zu tun.