Die Kritik an der Bundesstiftung wird laut und lauter

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Die Zivilgesellschaft sitzt mal wieder nur am Katzentisch mit dabei

Als Mitglieder der Enquete-­Kommission des Deutschen Bundestages „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, die im Mai 2002 ihren Abschlussbericht vorlegte, sehen wir uns in der Verantwortung, auf eine drohende Fehlentwicklung aufmerksam zu machen. Wir sehen durch die Struktur und die inhaltliche Ausrichtung der geplanten „Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ (DSEE) das primäre und einvernehmliche Ziel der damaligen Kommission, die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement in Deutschland nachhaltig zu verbessern, bedroht. Aktuell wird im Deutschen Bundestag der Gesetzesentwurf für eine „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ verhandelt. So sehr wir die öffentliche Förderung von Bürgerschaftlichem Engagement für sinnvoll und notwendig halten und uns dafür seit vielen Jahren einsetzen, so wenig halten wir von der geplanten Stiftung. In der vorgesehenen Form ist sie aus unserer Sichtweitgehend überflüssig und in der Tendenz sogar schädlich. Unsere Gründe:

• Bürgerschaftliches Engagement ist wesentlich selbstermächtigt und selbstorganisiert. Es ist Grundpfeiler einer selbstbewussten und starken Zivilgesellschaft. Dieses Grundprinzip wird durch das Beratungs-­ und Service-­ Angebot einer operativen Staatsstiftung gefährdet.

• Mit der Entscheidung für eine weitgehend operative Stiftung sollen einer - zudem noch peripher gelegenen - ­Behörde Aufgaben (Beratung, Unterstützung, Service etc.) übertragen werden, die bereits weitgehend von vorhandenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Netzwerken sowie engagementfördernden Einrichtungen in Kommunen und Ländern wahrgenommen werden. Es drohen Verdoppelungen, wobei lokalen und regionalen Angeboten prinzipiell der Vorzug gebührt, denn Engagement findet wesentlich lokal statt.

• Mit der von drei Ministerien geplanten und von ihnen auch künftig dominierten Staatsstiftung entsteht eine ausgelagerte Bundesbehördemit rund 100 Beschäftigten. Entscheidungen über Personal und Finanzen treffen die Vertreter der Ministerien, die einige handverlesene Akteure aus der Zivilgesellschaft kooptieren. Letztlich sitzt die Zivilgesellschaft in allen Gremien einflussarm am Katzentisch.

• Finanziell getragen wird die geplante Stiftung durch jährliche Zuwendungen aus den beteiligten Ministerien (für 2020 sind 23 Mio. Euro vorgesehen, in den kommenden 2 Jahren soll der Betrag auf über 30 Mio.steigen). Ohne eigenes Stiftungsvermögen ist die geplante Einrichtung ein Spielball wechselnder politischer Mehrheiten, gezielter Einflussnahmen und nicht zuletzt der jeweiligen Haushaltslage. Das Schicksal der „Stiftung Bürger für Bürger“, die viele der ihr einmal zugedachten bundesweiten Aufgaben schon aus finanziellen Gründen nicht wahrnehmen konnte, ist ein Beleg für die Fragilität solcher Konstruktionen.

• Mit Blick auf weltweite Entwicklungen droht zudem die Gefahr, dass eine solche Staatsstiftung dazu genutzt wird, politisch genehme Kräfte der Zivilgesellschaft zu alimentieren und kritische Akteure ins Abseits zu drängen. Dass sich die Neigung, den Raum der Zivilgesellschaft einzuschnüren, nicht auf Länder wie Polen und Ungarn beschränkt, lässt sich auch hierzulande an der Praxis beobachten, politisch unliebsamen Akteuren wie „attac“ die Gemeinnützigkeit zu entziehen.